Auf Einladung des Bundespräsidenten Christian Wulff wird das Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Benedikt XVI., vom 22. bis 25. September 2011 Deutschland besuchen. Nach einer Rede vor dem Deutschen Bundestag und einem Gottesdienst im Olympiastadion in Berlin, wird er auch in Erfurt und Freiburg Station machen. Über diesen Besuch, bei dem nicht deutlich wird, ob es sich um einen Staats- oder um einen Pastoralbesuch handelt, sind nicht alle Deutschen erfreut. Zahlreiche kritische Stimmen wenden sich vor allem gegen die Kosten des Besuches, die auf über 50 Millionen Euro geschätzt werden und gegen die Rede im Bundestag. Hier haben einige Abgeordnete bereits angekündigt, die Rede zu boykottieren, da diese mit der grundgesetzlich festgelegten religiösen Neutralität des Staates nicht vereinbar sei.
Demonstrationsverbot in Berlin
Das kirchenkritische Bündnis „Der Papst kommt“, ein Zusammenschluss aus über 50 Organisationen, hatte für den 22. September eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor mit anschließender Demonstration geplant. Obwohl die Route außerhalb der Bannmeile um den Bundestag liegt, hat die Versammlungsbehörde die Genehmigung aus Sicherheitsgründen verweigert. Von der Behörde vorgeschlagene Alternativrouten hat das Bündnis abgelehnt. Nun will es sein Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung auf dem Klageweg einfordern.
„Eine friedliche Demonstration in Hörweite des Bundestages muss möglich sein. Den Papst vor der Hörbarkeit einer Protestkundgebung zu schützen, gehört nicht zu den Aufgaben der Sicherheitsbehörden“, heißt es von Seiten des Veranstalters. Man wolle währende der Bundestagsrede wahrnehmbar protestieren. Erwartet werden bis zu 20.000 Teilnehmer. Das Bündnis wurde Anfang des Jahres vom Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg initiiert, inzwischen gehören ihm auch Gewerkschaften, pro familia und Gruppen aus SPD, FDP, Grünen und der Linkspartei an.
Weitere Gegenveranstaltungen geplant
Die Giordano-Bruno-Stiftung organisiert in Berlin eine Tagung zum Thema „Was Sie schon immer über den Vatikan wissen wollten“, in Erfurt findet eine Demonstration unter dem Motto „Heidenspaß statt Höllenangst“ statt. Das Bündnis „Freiburg ohne Papst“, ein Zusammenschluss von Vereinen, Institutionen und Privatpersonen wendet sich dagegen, dass der Papst sich anlässlich seines Besuches in das goldene Buch der Stadt eintragen darf.
Umgang mit den Protesten
Bisherige Protestaktionen wurden nicht nur in Deutschland nach Möglichkeit ignoriert oder vereitelt. So wurde in der Live-Berichterstattung zum Weltjugendtag 2005 in Köln der Auftritt von rund 1.000 Schwulen und Lesben überhaupt nicht erwähnt. 2006 zog die Polizei einen papstkritischen Wagen beim Christopher Street Day aus dem Verkehr. Demonstrationen am Rand des Papstbesuches 2010 in London bewertete Vatikansprecher Federico Lombardi als „positive Tradition der britischen Meinungsfreiheit“, die Proteste letzte Woche in Madrid als „im wesentlichen unbedeutende Ereignisse“. Ein offenerer Umgang mit den Protesten sowie eine höhere Dialogbereitschaft – sowohl von Seiten der Politik als auch der Religion – wären also wünschenswert.
Ich empfinde es als ein Skandal, daß der Staat seine Pflicht zur Neutralität in Glaubensfragen so mißachtet. Schließlich sind mindestens 1 Drittel der Bevölkerung nicht mehr an irgendeine Konfession gebunden und hier wird so getan als wären wir ein fundamentalistischer Staat.
Wo bleibt die Demokratie in diesem Land?
Katholizismus – nein danke!