Der aktuelle wirtschaftliche Aufschwung scheint an einer ganzen Reihe von Arbeitnehmern spurlos vorüberzugehen. Dies jedenfalls belegen aktuelle Daten, die nicht nur eine starke Zunahme von prekären und atypischen Arbeitsverhältnissen, sondern auch einen realen Einkommensverlust im Niedriglohnsektor zu verzeichnen haben. Außerdem ist die Einkommenskluft zwischen den unteren und den mittleren Einkommen immer größer geworden.
Immer mehr Menschen mit Vollzeitjob auf ergänzendes Hartz IV angewiesen
Das sozio-ökonomische Panel „Soep“ führt seit 1984 regelmäßige Befragungen der Bevölkerung zu ihren aktuellen Lebensverhältnissen durch. Dies war auch im Jahre 2011 der Fall. Befragt wurden dabei insgesamt 23.000 Personen. Wichtigstes Ergebnis dieser Studie war, dass vor allem die Löhne und Gehälter im unteren Einkommenszehntel in den letzten Jahren deutlich gesunken sind und in naher Zukunft voraussichtlich noch weiter sinken werden.
Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Zahl der Leiharbeiter und der Geringverdiener um die Hälfte angestiegen. Dies ist vor allem eine Folge der Hartz IV Reformen. Hierdurch konnten zwar viele Personen wieder einen Arbeitsplatz erhalten, dieser Arbeitsplatz ist jedoch oft im Niedriglohn- oder Teilzeitsektor angesiedelt und wird mit einem Nettogehalt entlohnt, welches oft nur kurz oberhalb der Armutsgrenze oder gar darunter liegt. Immer häufiger ist auch das Phänomen zu beobachten, dass sogar Personen mit einem Vollzeitjob auf ergänzende Hartz IV Leistungen angewiesen sind.
Ruf nach gesetzlichem Mindestlohn
In Deutschland gibt es bis heute keinen gesetzlichen Mindestlohn. Hierbei stellt sich die Frage, ob es sich eine Gesellschaft auf Dauer leisten kann, einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung vom wirtschaftlichen Aufschwung abzukoppeln. Eine florierende Wirtschaft beruht vor allem auf dem Konsum und gerade in den unteren Einkommensgruppen hat oft jeder zusätzlich verdiente Euro unmittelbare Auswirkungen darauf. Deshalb wäre eine spürbare Anhebung der Löhne und Gehälter in diesem Bereich dringend geboten.